Wie kluge Unternehmen Content Marketing Strategien entwickeln – Teil 1: Die strategische Basis

VonMirko Lange

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Wir wollen Ihnen mit einer kleinen Beitragsserie Schritt für Schritt erklären, wie Sie eine „Content Strategie“ entwickeln. Der Sinn ist, dass Sie Ihrem Publikum immer genau die Informationen geben, die es in dem jeweiligen Moment wünschenswert und hilfreich findet, in genau den Formaten, welche die Botschaften am besten transportieren, und über die Kanäle, welche für den jeweiligen Content und die Zielgruppen geeignet sind. Ganz einfach also. Sozusagen. Und heute sprechen wir im ersten Teil der der Serie über die „strategische Basis“.

1. Die eigenen Ziele

Ganz am Anfang jeder Strategie stehen ihre Ziele. Das war schon immer so, und das hat sich auch in Zeiten von Content Marketing nicht geändert. Ja, Sie müssen Nutzen für den Leser bieten, einen „Mehrwert“. Ja, Sie müssen auch ein wenig so denken wie ein Verlag, wie immer gesagt wird, also gute redaktionelle Inhalte bieten. Und ja, Sie müssen bei einer Content Strategie auch ein „Content Audit“ machen.

Das machen Sie aber nicht am Anfang, sondern erst nach der „strategischen Basis“. Denn ohne strategische Basis können Sie den Content im Content Audit auch nicht bewerten – wonach auch? Denn: Am Ende des Tages müssen Sie Werte für Ihr Unternehmen schaffen! Sie arbeiten in oder für ein Unternehmen oder eine Organisation. Und Ihr Job ist es, dieses Unternehmen oder diese Organisation erfolgreicher zu machen!

Das Content Audit steht nicht am Anfang einer Content Strategie – sondern am Ende

Mirko Lange
  • Suchen Sie sich aus der Unternehmens-, der Marketing-, der PR- oder anderer Strategien die Ziele heraus, welche Sie durch Content stützen wollen. Zum Beispiel: „Vertrauen gewinnen“. Je enger Sie mit Ihrer Content Strategie an den Zielen Ihrer Kollegen und Ihres Unternehmens sind, desto größer wird die Akzeptanz dafür sein, was sie tun. Schwierig ist es allerdings mit dem Ziel „Absatz steigern“. Denn direkte „Verkaufsförderung“ ist mit „Content“ nur sehr schwierig zu erreichen. Dann müssen Sie überlegen, was denn an sonstigen Zielen geeignet ist, um diesen Absatz zu fördern, z.B. „Kompetenzführerschaft“, wenn Sie z.B. ein Beratungsunternehmen sind. Und obwohl es „Content Marketing“ heißt, müssen diese Ziele nicht zwingend aus dem Marketing kommen. Sie können auch aus der Unternehmenskommunikation kommen (z.B. „Krisenresistenz“) oder aus der Personalabteilung (z.B. „höher qualifizierte Bewerber bekommen“). Wichtig ist nur, dass Sie klar machen, dass Sie ihren Kollegen helfen, ihren Job besser zu machen!
  • Machen Sie daraus eine Liste. Eine Liste mit allen Punkten, für die Sie mit Ihrem Content einen Beitrag leisten wollen. Schreiben Sie in Ihre Strategie explizit herein: „Content Marketing soll dazu beitragen, dass die Krisenresistenz unseres Unternehmens gestärkt wird“. Oder „Content Marketing soll dazu beitragen, dass unser Unternehmen als Kompetenzführer wahrgenommen wird“. Oder „Content Marketing soll dazu beitragen, dass unser Unternehmen als Serviceführer wahrgenommen wird.“
  • Überlegen Sie sich, was sie konkret durch Kommunikation leisten können und müssen, damit Sie tatsächlich diese strategischen Ziele erreichen. Für „Krisenresistenz“ ist das beispielsweise „Informieren“ oder „Transparenz herstellen“. Für „Serviceführerschaft“ ist das beispielsweise: „Probleme lösen“. Oder für „Kompetenzführerschaft“: „Know-how teilen“. Sie werden feststellen, dass manche kommunikativen Aufgaben mehreren Zielen dienen. Und das ist gut so.
  • Greifen Sie diese beiden Punkte später bei der Redaktionsplanung auf. Definieren Sie bei jedem Stück Content, zu welchem Ziel dieser Content einen Beitrag leisten soll und welche Kommunikationsaufgabe er erfüllen soll. Dazu reichen jeweils zwei oder drei Stichworte, z.B. „Krisenresistenz“ und „Transparenz herstellen“. Die Regel ist einfach: Wenn Sie für einen später geplanten Beitrag oder Artikel keinen Wert definieren können: Schreiben Sie ihn nicht! Er ist dann im Wortsinne wert-los. So „operationalisieren“ Sie später ihre Content-Strategie, setzen Sie als im operativen Geschäft ein. Sie hat dann eine Leit- und Führungsfunktion.

2. Die Wertschöpfung für das Publikum

Ebenso wichtig wie die Definition von eigenen Zielen ist die Definition der Wertschöpfung für den Leser. Das ist schon fast eine Binse: Egal, was sie über Content Marketing lesen, immer wird gesagt, Sie müssen „nützlichen Content“ schaffen oder „redaktionellen Content“. Aber wie macht man das wirklich? Der Schlüssel dazu liegt darin, sich in die jeweils andere Person hineinzuversetzen. Also nicht mehr aus „den eigenen Augen“ zu schauen, sondern aus der Perspektive des Interessenten. Und hierzu gibt es durchaus Methoden:

  • Definieren Sie zunächst, wer denn konkret die Menschen sind, die Sie erreichen wollen. Das werden Sie zunächst über Ziel- und Stakeholdergruppen machen. Wichtig ist auch hier, dass Sie die Begriffe aufgreifen, die in den Strategien Ihrer Kollegen, also auf dem Marketing, der PR oder der Personalabteilung aufgreifen. Auch hier gilt: Je mehr Sie Ihren Kollegen verdeutlichen, dass sie ihnen bei ihrer Arbeit helfen, desto stärker werden die Akzeptanz und die Unterstützung sein.
  • Definieren Sie dann „Personas“. Eine „Persona“ ist eine typische, konkrete Person, die stellvertretend für vergleichbarer Typen steht. Entwerfen Sie mit den Kollegen aus Marketing, Marktforschung, Vertrieb oder Support ein ganz konkretes Profil: Geben Sie der Persona einen Namen, suchen Sie sich aus einer Bildagentur ein Bild für die Persona heraus, definieren Sie deren konkrete „Pain Points“ in Bezug auf Ihr Verhältnis zueinander, also ihre Probleme. Definieren Sie ebenso die Motivationen, also woraus die Persona ihren Antrieb entwickelt. Je konkreter dieses „Profil“ ist, desto besser. Stellen Sie sich am besten eine wirkliche Person vor, die Sie kennen. Suchen Sie die prototypischen Kunden raus. Je mehr Sie da aus der Praxis reinbringen desto besser. Jemanden nur theoretisch zu beschreiben, bringt nichts. Und erstellen Sie nicht zu viele Personas. 5 bis 6 sind völlig ausreichend. Es kommt hierbei nicht auf wissenschaftliche Genauigkeit an, sondern vielmehr darauf, dass Sie anfangen, die Perspektive zu wechseln. Und ganz doof gesagt: Alles andere ist besser, als auch Ihrer egozentrischen Brille zu schauen. Denn das haben Sie ja schon in Schritt 1 getan.

Personas sind keine Wissenschaft. Wenn Sie mal aus einer anderen Perspektive schauen, reicht das.

Mirko Lange
  • Erstellen Sie eine Liste mit dem möglichen Nutzen, den Sie für diese Personas schaffen wollen: Also beispielsweise „Unterhaltung“ oder „Problemlösung“ oder „Orientierung“ oder „Inspiration“. Überlegen Sie sich, was Ihr konkretes „Geschenk“ für diese Persona ist. Sehr hilfreich ist auch die Frage, ob diese Persona theoretisch bereit wäre, für Ihren Content Geld zu bezahlen. Beachten Sie dabei auch die so genannte „Customer Journey“ also die Phasen, die ein Interessent typischerweise durchläuft, um sich für Sie oder ihr Produkt zu unterscheiden. Bei Toilettenpapier dürfte das recht simple sein, im B2B-Bereich und bei einem Investitionsgut können das aber schon einige Prüfungsschritte sein. Sprechen Sie hierfür auch mit ihrem Vertrieb oder ihrem Marketing.
  • Nutzen Sie später für die Redaktionsplanung beide Listen, also die mit den Personas und die mit dem konkreten Nutzen. Auch hier gilt: Wenn ein Stück Content nicht einen ganz konkreten Nutzen für eine ganz konkrete Persona leistet, dann ist er wertlos. Dann sollten Sie auf ihn verzichten.
  • Und nutzen Sie später die Probleme für die Themendefinition. Dazu kommen wir in einem der nächsten Schritte.

3. Die Conversion

Ein Sprichwort sagt: „Es gibt nichts Gutes, es sei denn, man tut es“. Und darum geht es hier. Als dritten Teil unserer strategischen Basis geht es darum zu definieren, was Ihre Personas tun (!) sollen. Hier kommen wir von den strategischen Zielen zu den operativen. Und der Witz ist: Die sind alle messbar! Auch deswegen stellen wir auf das „Tun“ ab. Denn das ist sichtbar. Niemand kann sehen oder messen, was jemand denkt, oder sich wünscht, oder für eine Einstellung hat. Und die sind auch alle irrelevant – es sei denn sie münden in konkrete Handlungen.

  • Nehmen Sie wieder Ihre Personas und erstellen Sie eine Liste, was sie konkret tun sollen: Die Liste der möglichen Punkte ist unendlich lang! Aber formulieren Sie konkret: „Sich zum Newsletter anmelden“ kann ein Punkt sein. Oder: „Kommentieren“ (das war jetzt einfach und kurz). Aber auch „Liken“. Selbst „klicken“ ist ein sehr gutes Ziel, hier sollten Sie dann aber sicherstellen, dass Sie später auch einen definierten „Call-to-action“ haben, der eben genau dazu auffordert, irgendwo zu klicken.
  • Wichtig ist hierbei, dass Sie diese Liste mit den Zielen aus Punkt eins abgleichen. Zahlt diese Handlung auf ein strategisches Ziel ein? Das ist der Filter, damit Sie nicht beliebige Handlungen definieren. Auch hier gilt: Was nicht auf das strategische Ziel einzahlt, ist nichts wert. So können Sie zum Beispiel auch den Wert eines „Likes“ begründen. Denn ein Like kann durchaus dazu beitragen, dass Sie als Kompetenzführer wahrgenommen werden. Das ist sicherlich kein großer Beitrag (da ist die Substanz Ihres Contents wichtiger), aber doch ein Beitrag. Denn Menschen begegnen Spezialisten mit ganz vielen Followern im Allgemeinen mit einem höheren Respekt.
  • Jetzt können Sie zu jeder Handlung einen „KPI“ dranschreiben, einen „Key Performance Indikator“. Nun ja, um genau zu sein: Die Handlung IST bereits der Key Performance Indikator. Denn Menschen dazu zu bringen, etwas zu tun, ist eben genau die „Performance“, das ist die Leistung und das Ziel von Kommunikation. Und dass das auch ein „Key“ ist, haben wir in dem zweiten Punkt sichergestellt: Denn wir haben überprüft, ob uns diese Handlung hilft, ein strategisches Ziel zu erreichen. Was wir aber jetzt wirklich noch tun müssen ist die Messgröße zu bestimmen. Da wir aber Handlungen definiert haben, ist das auch gar nicht schwer. Newsletteranmeldungen kann man zählen. Auch Kommentare. Und auch Likes.
  • Und last but not least müssen Sie dann für diese KPIs auch noch Zielwerte bestimmen. Wenn Sie mit Ihrer Strategie jetzt erst anfangen und noch keine Basis haben, ist das schwierig. Legen Sie dann noch keine Zielwerte fest, auch wenn alle immer sagen, dass man ja Ziele genau definieren soll. Das ist richtig, soll aber nicht dazu führen, dass man einfach rät. Beginnen Sie also mit einer so genannten „Nullmessung“, z.B. indem Sie einen Monat lang diese Werte erfassen. Und dann setzen Sie sich Ziele, z.B. diese Werte jeden Monat um durchschnittlich 10 Prozent zu steigern.

So. Das waren die ersten drei Schritte. Wir haben dann nur noch 9 weitere vor uns, bis wir das Dutzend voll haben. Aber nicht verzagen! Und im nächsten Tipp geht es dann darum, wie wird die ersten drei Punkte zu einer „Story“ verdichten. Sie wird der zentrale Punkt unserer Strategie. Bis dahin wünschen wir viel Spaß beim Umsetzen.

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Mirko Lange

Gründer Scompler

Mirko Lange ist seit 27 Jahren Kommunikations-Berater und seit 2001 Dozent an mehreren Hochschulen. Er hatte ab 1999 eine der ersten Beratungsunternehmen für Online-PR in Deutschland und hatte sich ab dem Jahr 2008 einen Namen als erster Spezialist für Unternehmenskommunikation im Social Web gemacht. Hier hat er in den Jahren 2010 ff. unter anderem die Deutsche Bahn („Facebook-Ticket“) und Nestlé („Kitkat“) in der Krisenkommunikation beraten, über welche die ersten „Shitstorms“ in Deutschland hinwegzogen. In der Folge hat zum Beispiel die Deutsche Bahn ihre komplette Kommunikation auf das Social Web ausgerichtet, diesen Prozess hat Lange begleitet. Aus diesem Projekt entstand die Kommunikationsmanagement-Software Scompler. Scompler hat inzwischen mehr als 300 Kunden, unter ihnen 6 DAX-Unternehmen.