CvD im Newsroom: Stratege, Moderator und Themen-Kenner

Chef vom Dienst – eine Rolle, die im Journalismus schon seit Jahrzehnten klar besetzt ist und immer mehr ihren Weg in die Unternehmenskommunikation findet. Als zentrale Schlüsselrolle in einem Newsroom braucht es ihn oder sie als Ankerpunkt, Entscheidungsträger und Integrator. Doch was macht einen erfolgreichen CvD aus? Wie viel operative Arbeit sollten CvDs übernehmen? Und vor allem: Wie grenzen sie sich von anderen Positionen im Newsroom ab?

Ein CvD ist eingebettet in eine Redaktionsstruktur, die von Organisation zu Organisation unterschiedlich sein kann – ob beim Fernsehsender, in der Konzernkommunikation oder bei der übergreifenden Markenkommunikation bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen. In unserem Scompler Roundtable-Talk haben wir mit erfahrenen CvDs und Newsroom-Experten darüber gesprochen, welche Rolle der CvD eigentlich erfüllt – vom Entscheidungsträger und Strategen hin zum Krisenkommunikator.

Entscheidungsträger

Im Idealfall befindet sich ein CvD im strategischen Management und weniger in der operativen Ausarbeitung von Inhalten wieder. So wie das Corporate Newsroom Modell von Prof. Dr. Christoph Moss einen Newsroom versteht, kommen dort Menschen zusammen, wenn auch nicht in einem wirklichen Raum, um über Themen zu diskutieren. Viele Menschen haben viele Meinungen – deswegen braucht es einen Entscheidungsträger.

„Dieses Mandat und dass am Ende jemand entscheidet, was passiert, ist für mich eines der wichtigsten Elemente in einem Newsroom“, fasst Michael Schmitz, Head Partner & Solutions bei Scompler, zusammen, was den Kern der CvD-Rolle ausmacht. „In dem Begriff steckt das Wort Chef. Irgendeiner muss entscheiden und dieser Begriff, beschreibt sowohl die Haltung wie auch das Mandat“, so Schmitz. Nicht zu verwechseln ist diese Rolle als Entscheidungsträger jedoch mit den Aufgaben eines „Lektorats für alle“, betont Christian Wobig, Senior Berater bei Mediamoss Newsroom. Stattdessen soll ein CvD strategische Leitlinien setzen, Kanäle und Themen grundlegend verstehen, im Notfall auch aushelfen, jedoch idealerweise den Rollen im Newsroom ihre Expertise zusprechen und operative Tätigkeiten anvertrauen.

„Es geht um die Rolle. Wie wir die am Ende nennen, ist sekundär. Bestimmte Aufgaben kommen in jedem Newsroom auf – Strategie, Steuerung, Koordination von Ressourcen. […] Dafür braucht es jemandem mit einem übergreifenden Blick in alle Kommunikationsbereiche. Auf operativer Ebene tragen bei der AOK Plus unsere Themenleads einen Teil der CvD-Rolle.“
Anja Stein
Leiterin Contentroom bei AOK Plus

Stratege

Auch bei der AOK Plus ist der CvD eine steuernde und übergeordnete Rolle, die die Strategie mitgestaltet. „Wir haben einen großen Fokus auf unserer Kommunikationsstrategie, weil wir nicht getrieben sind von einem News-Ansatz, sondern es geht darum, eine langfristige Wirkung zu erzielen, Narrative zu bespielen und zu überprüfen, ob wir in allem Perspektiven kohärent sind und auf dasselbe Ziel einzahlen“, erklärt Anja Stein. Sicherzustellen, dass das Unternehmen mit einer Stimme spricht, sei ganz stark in der Rolle des CvDs angesiedelt, berichtet sie.

Dazu gehört auch die Priorisierung von Themen, Einteilung von Ressourcen, aber auch die Perspektive auf passende Zielgruppen und die Wirkung der Kommunikationsmaßnahmen. Die Rolle des CvDs sei deswegen auch sehr dialogisch, sagt Christian Wobig, Senior Berater bei Mediamoss Newsroom. Ein CvD muss nachvollziehen können, wie aus der strategischen Planung und der großen Zielsetzung ein einzelner Beitrag entsteht. Fest eingebunden ins Strategieteam oder in die Redaktionsleitung fungiert ein CvD deswegen als Schnittstelle zwischen Strategie und Operationalisierung, sodass auch Geschäftsführung und externe wie interne Stakeholder die Kommunikationsstrategie nachvollziehen und Kommunikation als Wertschöpfung betrachten.

Dafür müsse ein CvD ebenfalls Daten analysieren und Kommunikationscontrolling betreiben können, um die Content-Strategie evaluieren und anpassen zu können, betont Stein. Diese Insights kann ein CvD dann auf die strategische Themenplanung, einer seiner Kernaufgaben, übertragen: Vorausschauend Themen definieren und den Strategie-Fokus von Außen zu bewahren.

„Der CvD sollte auf jeden Fall Teil eines Strategieteams sein, weil er die Strategie im Operativen vertreten muss. […] Deswegen ist die Rolle auch integrativ. Sie sortiert die Erfahrungen mit und das Feedback auf unsere Kommunikationsmaßnahmen und spiegelt das dialogisch nach oben zurück.“
Christian Wobig
Senior Berater bei Mediamoss Newsroom

Scompler Roundtable im Video

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Moderator

Ein CvD muss die Kommunikationsdisziplinen, Themen und Kanäle kennen und verstehen und sie bestenfalls selbst ausüben können, wenn es darauf ankommt. Ein CvD bringt Themen in den Redaktionsalltag und lässt sie von den richtigen Mitarbeitenden bearbeiten. Johann Schlickinski, CvD bei SWR Sport, sieht sich deswegen auch oft als eine Art Moderator oder Integrator. „Ich muss mir Gedanken machen, wer ein Thema umsetzen kann, und muss Gespräche mit denjenigen führen, auch wenn es mich persönlich Zeit und Energie kostet“.

Umso wichtiger sind diese Soft Skills, wenn Corporate Communications und Marketing in einem gemeinsamen Newsroom arbeiten. Denn das klassische Marketing arbeitet oft noch nach anderen Zielen und KPIs wie die Presse- oder Kommunikationsabteilung. Ein CvD muss deswegen auch im Newsroom die Dialektik polieren, demnach ein gemeinsames Verständnis von Themen fördern und die Bedürfnisse der unterschiedlichen Kommunikationsdisziplinen moderieren.

„Marketing versteht unter einer bestimmten Kampagne möglicherweise etwas ganz anderes als ein Kommunikator“, so Schmitz. Dafür benötige es einen Bewusstseinswandel, wie auch die Integrations- aber auch Abgrenzungsfähigkeit des CvDs, Grenzen zu setzen und Themen abzulehnen, wenn sie nicht Teil der umfassenden Strategie sind.

Corporate Newsroom der Welthungerhilfe

Themen- und Kanalkenner

Um passende Briefings zu geben und letztlich Entscheidungen treffen zu können, sind Kenntnisse über die zentralen Themen und Kanäle die Voraussetzung für eine erfolgreiche CvD-Rolle. Wie detailliert diese jedoch sein müssen, sei abhängig von der Expertise der Themen- und Kanalmanager im restlichen Newsroom, sagt Christian Wobig, Senior Berater bei Mediamoss Newsroom. „Ich muss als CvD vertrauen können, dass Menschen ihre Rolle gut ausüben können“, bekräftigt auch Anja Stein. Denn wenn ein CvD die operative Ausarbeitung den erfahrenen Themen- und Kanalmanagern im Newsroom anvertraue, könne er sich auf die strategische Aufstellung der Themen und Kanäle fokussieren, so Wobig.

Denn nach dem grundlegenden Verständnis der Rolle produziert ein CvD keinen Content mehr selbst, sondern brieft und überwacht stattdessen die Ausarbeitung. Je besser die Themen im Newsroom vorausgeplant seien, desto weniger würden CvDs in die Situation kommen, selbst produzieren müssten, ist die Erfahrung von Schmitz.

Wenn zu viele Themen ad-hoc und auch vom CvD bearbeitet werden müssen, zeugt das von einer fehlenden strategischen Planung im Vorfeld. Im Krisenmodus sei das jedoch anders und der CvD ist als direkter Ansprechpartner fest eingebunden, ergänzt Stein aus dem Contentroom der AOK Plus. Denn oft entstehen Unternehmenskrisen unerwartet, aus verschiedenen Gründen und mit unterschiedlich einschneidenden Konsequenzen.

„Wenn ein CvD moderieren soll, muss er sowohl das Thema wie auch den Kanal grundlegend verstehen.“
Michael Schmitz
Head Partner & Solutions bei Scompler

Die Rolle des CvDs kann unterschiedlich sein: Sie kann je nach Organisation einfach oder mehrfach besetzt sein, sie kann als „Chef“, „Leiter“ oder „Themenlead“ betitelt sein. Was die Rolle aber auszeichnet, ist der stetige Bezug zu den strategischen Leitlinien der eigenen Kommunikationsarbeit – dabei den Blick von Außen zu bewahren, zu einer gemeinsamen Dialektik beizutragen, den Themen- und Kanalmanagern zu vertrauen und sicherzustellen, dass alle im Team eine gemeinsame Vision in ihrer Kommunikationsarbeit eint.