Content Marketing

Das „FISH Modell“ und der „Content RADAR“ – zwei Strategie-Tools für’s Content Marketing

Ich habe am Wochenende die Dokumentation zweier von mir entwickelter Strategie-Tools fertig gestellt, mit denen ich seit einiger Zeit in meinem Beratungsprojekten, in Schulungen und als Dozent arbeite. Und jedes Mal sind die Leute begeistert. „Tool“ meint hier allerdings nicht irgendein Stück Software, sondern jeweils eine Methode. Konkret handelt es sich um das „FISH Modell“ und den „Content RADAR“. Das Ziel ist bei beiden Tools das gleiche: Nämlich Content strukturierter und methodischer zu erstellen. Das gibt einerseits eine klare Orientierung und damit eine enorme Sicherheit bei der Planung und andererseits eine gute Basis für eine spätere Performance-Analyse. Ich hoffe mal, dass ich die Idee hier so gut rüberbringe wie „live“.

Ein Problem, das ich bei Kunden (aber auch bei vielen Agenturen) immer wieder beobachte, ist: Da werden viele Ideen erarbeitet, was man alles für Content erstellen kann. Wer gut ist, schafft es noch, neben der Definition von Beitrags-Typen (also z.B. Facebook-Post, Blogartikel oder Instagram Bild) den Content auch noch in Themen zu gliedern. Und wer ganz gut ist, definiert noch Personas, die mal mehr, mal weniger aufwändig recherchiert und beschrieben sind. Aber in der Umsetzung zählt dann meistens nur eins: Der eigene Bauch und das, was einem dann nachher „irgendwie gefällt“. Spätestens bei der Freigabe: Denn der Kunde oder der Vorgesetzte hat keinerlei andere Maßstäbe, nach denen er die Qualität des Contents beurteilen könnte.

Hier zwei zentrale Charts zu beiden Tools, links das FISH Modell, rechts der Content RADAR:

Das FISH Modell

Der Grundgedanke des FISH Modells ist, dass Content bestimmte Aufgaben erfüllen muss: Sowohl für das Unternehmen (das ihn finanzieren muss) als auch für den Konsumenten (der ihn sonst nicht liest). Die Vermischung von Aufgaben kann sich allerdings gegenseitig behindern, z.B. „Leads generieren“ und „Vertrauen aufbauen“. Je klarer Content jede einzelne Aufgabe verfolgt, desto besser wird er diese Aufgabe erledigen.

Strategisches Content Marketing

„Strategisches Content Marketing“ bedeutet, ein System aufzubauen, in dem die einzelnen Contents „im Team“ spielen, nach einem bestimmten Spielsystem und mit verteilten Aufgaben – aber immer zusammen. Das FISH-Modell definiert nun verschiedene Typen von Content, die alle unterschiedliche Aufgaben erfüllen sollen und die deswegen auch unterschiedlich umgesetzt werden müssen.

Der Content RADAR

Ein zweites Modell ist der Content RADAR, der quasi eine zweite Dimension einfügt. Während sich das FISH-Modell für allem auf den Nutzen für das Unternehmen konzentriert, stellt der Content RADAR den Nutzen für den Leser dar. Wenn man beide Modelle kombiniert, ergibt sich daraus ein sehr genauer Bauplan für die Umsetzung des Contents – und das ist eine geniale Orientierungshilfe.

Hier also zunächst die Folien, darunter kommen dann noch Erläuterungen dazu.

Das FISH-Modell im Detail

Das FISH Modell ist ein Tool für die strategische Kategorisierung von Content Arten. Die Kategorien Follow-, Inbound-, Search- und Highlight-Content beschreiben den Nutzen, den Du für Dein Unternehmen generieren, indem Du Nutzen für die Zielgruppen schaffst.

Follow-Content ist Content, der darauf ausgerichtet ist, Menschen so sehr zu interessieren, dass sie mehr davon haben wollen. Dadurch kannst Du sie binden und erhältst „Zugriff“ auf sie. Lars Cords, Chief Content Officer der Scholz & Friends Group, bezeichnet diese Art von Content als „Scheherazade Content“. Die Tochter des Wesirs aus „Tausenduneiner Nacht“, Scheherazade, hat es täglich immer wieder geschafft, ihren Kopf zu retten, weil der persische König die Fortsetzung ihrer Geschichte hören wollte. Hier eignen sich einerseits Rubriken, Serien und Reihen und andererseits Storytelling. Auch Bilder spielen hier eine wichtige Rolle.

Entscheidend ist hier, viele Möglichkeiten anzubieten, dass der Kunde den Content abonnieren kann, zum Beispiel über ein „Like“ auf Facebook oder ein Abonnement eines Newsletters oder ein „Follow“ auf Twitter. Das ist vor allem für den Aufbau von Reichweite enorm wichtig, dazu kommen wir im dritten Teil noch mal. Diese Art von Content sollte auf Kanälen publiziert werden, bei dem die Menschen im „Konsum-Modus“ sind, vor allem bei Facebook oder in einem „Magazin“.

Inbound-Content. Hier bietet man sehr aufwändigen, exklusiven Content mit hohem Nutzwert an. Der zielt aber vor allem darauf ab, dass der Leser den Content anfordert und dafür seine E-Mail-Adresse hinterlässt. Du generierst damit einen „Lead“, den Dein Vertrieb später nutzen kann. Hier sind Studien oder Whitepaper sehr gut geeignet, das muss das Thema allerdings auch hergeben. Inbound Content spielt für Unternehmen eine sehr unterschiedliche Rolle: Für manche, besonders vertriebsorientierte, ist er unverzichtbar. Für andere, mehr auf Image bedachte, spielt er kaum eine Rolle.

Und vom Charakter hat er von allen anderen jeweils etwas: Er sollte gut in Suchmaschinen gefunden werden wie „Search-Content“, er sollte aufmerksamkeitsstark sein wie „Highlight-Content“, und er sollte im Idealfall Lust auf mehr machen wie „Follow-Content“

Search und Sales Content zielt darauf ab, die Antworten auf tatsächlich gestellte Fragen zu bedienen. Der Nutzen für Dein Unternehmen ist, dass Du einerseits gefunden wirst und anderseits Reputation aufbaust. Vermeide dabei Antworten auf Fragen zu geben, die niemand gestellt hat! Anders als bei Follow-Content ist Storytelling hier eher hinderlich, und auch Bilder spielen im Allgemeinen eine untergeordnete Rolle.

Search Content muss vor allem auf Schlüsselwörter optimiert sein, sowohl für Google als auch für den Leser, der schnell erkennen muss, dass er hier die Antwort auf seine gesuchte Frage oder die gesuchte Information bekommt. Auch die Headline muss im Gegensatz zum Follow- oder Highlight Content nicht kreativ sondern sachlich-informativ sein. Und beachte: Search-Content ist nicht nur für Google. Menschen suchen auch an vielen anderen Orten, zum Beispiel YouTube, Slideshare, Amazon und auch auf Eurer Website!

Highlight-Content ist dafür da, Aufmerksamkeit zu erregen. Er soll die Zielgruppen begeistern, aber der Nutzen für Euch ist, dass sie den Content weiterverbreiten! Das sind die großen Kampagnen, die Viral-Videos, und sie sollten auch verstärkt promoted werden. Sie sind meistens sehr teuer, sowohl in der Produktion als auch hinsichtlich der Seeding-Kosten, aber sie sind sehr hilfreich dabei eine große Reichweite aufzubauen.

Die Bedeutung von SEO

Und was hier auch deutlich wird ist die unterschiedliche Bedeutung von SEO! Das war für mich eine der wichtigsten Erkenntnisse bei der Entwicklung, also in Bezug auf die vielen Diskussionen um die Bedeutung von SEO! Meine Schlussfolgerung: Bei Inbound- sowie Search-Content ist SEO weiterhin ENORM wichtig, quasi missionskritisch. Bei Follow- und Highlight-Content spielt SEO aber so gut wie keine Rolle!

Mein Tipp:

Ordne Deinen Content einer Content Art nach dem FISH Modell zu und gestalte ihn dann konsequent nach den Vorgaben. Durch die Kategorien ergibt sich auch ein unterschiedlicher Anspruch an den Content: Search-Content ist im Allgemeinen der einfachste, Follow-Content muss mindestens überdurchschnittlich sein und Highlight-Content immer außergewöhnlich. Und achte auf eine ausgewogene Mischung: Lege den Schwerpunkt grundsätzlich auf Follow- und Search-Content, ergänzt durch den gezielten Einsatz von Highlight- und gegebenenfalls Inbound-Content.

Und kombiniere Content Arten innerhalb Deiner Themenfelder! Das ist zwar aufwändig aber deutlich effizienter, weil du keine Kompromisse machen musst. Denn die Content Arten sind teilweise gegensätzlich: Follow- und Highlight-Content sollte beispielsweise im Storytelling Format sein, dagegen muss Search Content sofort (!) auf den Punkt kommen. Und Search-Content sollte eher kurz und knapp sein wogegen Inbound Content eher vollständig sein muss.

Der Content RADAR

Der Content Radar unterscheidet einerseits in emotionalen bzw. funktionalen Content und andererseits in vorder- bzw. tiefgründigen. Beide Unterscheidungen sind sehr wichtig, weil Content in jedem Bereich anders funktioniert. „Emotional/Funktional“ stellt auf den Nutzen ab, den wir dem Leser vermitteln. „Lernt“ er vor allem etwas? Nimmt er aus dem Text etwas mit, was er später anwenden kann? Weiß er dann besser Bescheid? Oder wollen wir vor allem eine Emotion transportieren, die vielleicht keinen funktionalen Wert hat, aber oft sogar als wertvoller wahrgenommen wird?

Und „vordergründig/tiefgründig“ betrifft die Frage, wie viel Zeit sich der Leser nehmen soll. Das ist in erster Linie abhängig davon, wie interessiert er ist. Ist wenig oder nur oberflächliches Interesse vorhanden, muss der Content kurz und knackig sein. Ansonsten verliert der Leser das Interesse. Wenn aber der Leser interessiert ist und auch die Bereitschaft hat, Zeit zu investieren, dann wird ihn der vordergründige Content nicht zufriedenstellen. Hier müssen wir Tiefgründiges liefern, und das muss dann sogar lang sein. Der Leser wird hier immer mehr wollen.

Auf diese Weise entstehen aus der Perspektive des Lesers vier Nutzenbereiche, für die unterschiedliche Anforderungen und Regeln gelten:

  • News/Information („Ich weiß Bescheid“)
  • Wissen/Enabling („Ich habe etwas gelernt“)
  • Unterhaltung/Spaß („Macht mir Spaß“)
  • Beziehung/Sinn („Ich habe es verstanden“)

Der Bereich „News/Information“ setzt auf Aktualität und Trends. Wichtig ist hier der Nachrichtenwert, hier zählen vor allem Schnelligkeit, Aktualität und Exklusivität. Der Bereich „Wissen/Enabling“ gibt vor allem Orientierungs- und Entscheidungshilfe, hier spielt die Informationstiefe eine wichtige Rolle. Der Bereich eignet sich vor allem, wenn sie in einem bestimmten Gebiet die Kompetenzführerschaft anstreben. Im Bereich „Beziehung/Sinn“ geht es vor allem darum, den Sinn zu vermitteln, Motive deutlich zu machen und Motivationen zu verstehen. Und der Bereich „Unterhaltung/Spaß“ versteht sich wohl von selbst.

Ich empfehle, strategische Schwerpunkte auf einen dieser Bereiche zu setzen. Wir legen für unsere Kunden fest, ob wir in den jeweils vier Bereichen nur „me too“ sein wollen, „überdurchschnittlich“ oder „führend“. Und das definiert dann den Anspruch, den man an die Produktion stellen muss. Das hat auch das Ziel, Ressourcen zu fokussieren, um in einem Handlungsbereich „wettbewerbsfähig“ zu sein. Denn das sind wir mit unserem Content: In einem Wettbewerb. Wir müssen sowohl von Google als „besser“ wahrgenommen werden, als dann auch vom Nutzer: Die Qualität des insgesamt verfügbaren Contents bestimmt den Anspruch an den Content jeden einzelnen Unternehmens. Und aus diesen Qualitäten heraus ergeben sich für jeden Zweck unterschiedliche Formate, aber auch klare strategische Empfehlungen für einzelne Formate:

Das Magazin Curved setzt zum Beispiel vor allem auf News/Information und Wissen/Enabling. Hier findet man einerseits die aktuellen Nachrichten rund um die Themen Smartphones, Tablets und Gadgets, andererseits tiefgehende Tests und Anleitungen, die zur Orientierung dienen. Unterhaltung und Beziehung finden dagegen kaum statt. Das Red Bulletin von Red Bull ist dagegen ein schönes Beispiel für Unterhaltung. Das Magazin vermittelt vor allem Spaß, und das wird angereichert mit einigen News und über die Geschichten über Menschen. Und der Content von „Always“ („Like a girl“) oder „Dove“ („Beauty Sketches“) setzt vor allem auf „Beziehung“, sie vermitteln einen tieferen Sinn („Significance“), indem sie sich zum Beispiel für Mädchen bzw. „normalgebaute Frauen“ einsetzen.

Der Tipp:

Ordne Deine Themenideen einem Nutzenfeld zu und versuche in mindestens einem der Nutzenfelder zumindest „überdurchschnittlich“ zu sein. Und wähle dann dem entsprechend ein „Format“ für Dein Thema aus, also beispielsweise ein Posting, ein Artikel oder ein Video. Wenn Du dich beispielsweise als Kompetenzführer in Deinem Bereich positionieren möchtest, dann konzentrieren dich auf den Bereich „Wissen/Enabling“. Und wenn die im FISH Modell das „I“, wie „Inbound“ adressiert hast, ergibt sich daraus das White-Paper, dass Du über eine Landing-Page vermarktest. Oder Du setzt auch „Follow-Content“ und produzierst eine Reihe von How-to-Videos, mit der Du auch Deine Kompetenz vermitteln und Abonnenten für Deinen YouTube-Channel generieren kannst.

Und was meinen Sie dazu?

Ich hoffe, dass diese beiden Tools auch Ihnen in Ihrer Arbeit helfen können. Wenn Sie Fragen haben: Einfach unten in die Kommentare schreiben. Ansonsten freue ich mich über jedes Feedback, besonders, wenn Sie dieser Beitrag geärgert haben sollte. Dann würde mich nämlich sehr freuen zu erfahren, warum. P.S. Ach ja: Es gibt dann doch noch ein Software Tool. Nämlich Scompler. Das entwickeln wir parallel zu all diesen Methoden. Dann klappt es viel besser mit dem „Strategischen Content Marketing“.

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Der Autor

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Mirko Lange

Gründer Scompler

Mirko Lange ist seit 27 Jahren Kommunikations-Berater und seit 2001 Dozent an mehreren Hochschulen. Er hatte ab 1999 eine der ersten Beratungsunternehmen für Online-PR in Deutschland und hatte sich ab dem Jahr 2008 einen Namen als erster Spezialist für Unternehmenskommunikation im Social Web gemacht. Hier hat er in den Jahren 2010 ff. unter anderem die Deutsche Bahn („Facebook-Ticket“) und Nestlé („Kitkat“) in der Krisenkommunikation beraten, über welche die ersten „Shitstorms“ in Deutschland hinwegzogen. In der Folge hat zum Beispiel die Deutsche Bahn ihre komplette Kommunikation auf das Social Web ausgerichtet, diesen Prozess hat Lange begleitet. Aus diesem Projekt entstand die Kommunikationsmanagement-Software Scompler. Scompler hat inzwischen mehr als 300 Kunden, unter ihnen 6 DAX-Unternehmen.

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