Kluges Content Marketing ganz einfach erklärt – mit den 4 P des klassischen Marketings

VonMirko Lange

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Kennen Sie die 4 P des Marketing? Ziemlich sicher ja: Product, Place, Price und Promotion. Hierzu ist auch schon ganz viel gesagt und geschrieben worden. Es gibt ganz viele Erkenntnisse dazu. Dagegen herrscht – zumindest Hierzulande – eine große Unsicherheit und Unkenntnis darüber, was “Content-Marketing” ist. Meine These: Wenn Sie “Marketing” verstehen, dann verstehen Sie auch Content-Marketing, denn beides funktioniert nach genau den gleichen Prinzipien.

“Marketing” wird üblicherweise definiert als “ein Konzept der ganzheitlichen, marktorientierten Unternehmenssteuerung zur Befriedigung der Bedürfnisse und Erwartungen von Kunden und anderer Interessengruppen”. Und genau diese Aufgabe haben wir auch in der Kommunikation. Wenden wir also den Begriff konsequent an, dann können wir Content Marketing definieren als “ein Konzept der ganzheitlichen, marktorientierten Kommunikationssteuerung zur Befriedigung der (Informations-)Bedürfnisse und -Erwartungen von Kunden und anderer Interessengruppen”. Ganz einfach, oder?

Angebote als wünschenswert wahrnehmen

Alternativ wird Marketing definiert als “die Unternehmensfunktion, deren Aufgabe es ist, Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten, also so zum Verkauf anzubieten, dass Käufer dieses Angebot als wünschenswert wahrnehmen”. Und auch hier drängt sich die Analogie auf. Content Marketing wäre demnach “die Unternehmensfunktion, deren Aufgabe es ist, Botschaften und Informationen zu vermarkten, also so zur Nutzung anzubieten, dass die Nutzer dieses Angebot als wünschenswert wahrnehmen”. Gerade in dem “es wünschenswert wahrnehmen” liegt die Lösung für die Probleme, die wir heute strategisch wie taktisch haben:

Es gibt einen Markt für Content. Unternehmen müssen Content ‚marktgerecht‘ entwickeln.

Mirko Lange

Fernsehzuschauer zappen weg. Internetuser installieren Adblocker, Facebook steuert die Sichtbarkeit von Beiträgen nach der Akzeptanz der User und Google baut den Algorithmus so um, dass sie vor allem messen, ob der User den gefundenen Content auch nutzt – also zum Beispiel lange auf de Website bleibt und weiter eindringt oder gleich “zurückbounced”.

Die Analogie drängt sich auf!

Also wie können wir uns die Erkenntnisse des klassischen Marketings auch für unser Content Marketing zu Nutze machen? Einfach indem wir sie analog anwenden! Und dabei hilft uns, wenn wir verstehen, dass es auch für Content einen “Markt” gibt – und dass sich diese Markt aktuell radikal ändert, auch und vor allem durch Social Media. Denn es gibt die gleichen Mechanismen von Angebot und Nachfrage wie in den “echten Märkten” auch. Aktuell haben wir einfach ein ungeheures Überangebot, und die Nachfrage ist nicht oder nur geringfügig gestiegen. Und was passiert in solchen Märkten?

Content Marketing bedeutet, die Methoden des (Produkt-)Marketings auf Content anzuwenden

Mirko Lange

Es gibt einen Preisverfall! Die Verlage können davon ein Lied singen. Niemand will heute mehr für Content bezahlen! Sie müssen verstehen, dass Sie sich als Content-Anbieter in einem irrsinnigen Wettbewerb befinden. Und Sie sind “Content-Anbieter”! Denn auch “Werbung” und “PR” sind Content! Was denn sonst! Sie sollten sich also Gedanken darüber machen, wie Sie in diesem Markt noch wettbewerbsfähig sind. Denn wenn keiner mehr Ihren Content wahrnimmt, haben Sie ein Riesen-Problem.

Erstes P: “Product”

Also probieren Sie es doch mal mit den Erkenntnissen des klassischen Marketing: Sie brauchen auch für Ihren Content ein “Produktmanagement”. Das ist die “Content Strategie”. Sie müssen sich also überlegen, welche “Produkte” (= Content) der Markt will und wie das Produkt (= Content) gestaltet sein muss. Und so wie Sie bei einem “Produkt” die Form, die Farbe, die Verpackung, die Funktionen, das Sortiment usw. bestimmen, müssen Sie auch bei Content die Formate bestimmen, die Story, die Ansprache, die Inszenierung und so weiter. Das alles sind Elemente einer Content Strategie.

Wenn Unternehmen Ihre Produkte so managen würden wie Ihren Content, wären Sie lange pleite

Mirko Lange

Und wenn man sich modernes Produktmanagement anschaut, dann werden Produkte immer mehr zu einer “Lösung” ausgebaut. Und das gilt auch für Content: Content ist vor allem dann gut, wenn es ein Problem löst. Natürlich können Sie auch immer mal wieder schreiben, was Ihnen in den Sinn kommt oder was irgendjemand aus irgendeiner Abteilung will, dass sie schreiben. Frei nach dem Motto: “Mein Haus, meine Yacht, mein Auto”. Aber das ist nicht “marktorientiert”. Hier machen Sie sich keine Gedanken darüber ob die Nutzer das Angebot auch “als wünschenswert” wahrnehmen. Ein Unternehmen, dass so sein Produktmarketing betreiben würde, dass sie also einfach mal die Produkte produzieren, die ihnen mal so in den Sinn kommen, hätte heute am Markt keine Chance. Wieso sollte das dann mit Content funktionieren?

Zweites P: “Place”

Und auch im Content Marketing haben Sie eine Distributionspolitik. Sie müssen sich also überlegen, über welche Kanäle Sie Ihr Produkt (= Content) vertreiben wollen. Was ist der Hauptkanal? Was sind ergänzende Kanäle? Wie spielen die Vertriebskanäle zusammen?  Wie können Sie den Content direkt vertreiben (“Owned Media”) und wie indirekt (“Earned Media”). Und gibt es irgendwo Channel-Konflikte? Das darf man nicht unterschätzen. Wenn Sie ihren Content jetzt über Social Media selbst vertreiben, was sagen dazu ihre “Vertriebspartner” dazu – und hier meine ich die “Presse”, auch wenn die mir eins husten werden, wenn ich sie so bezeichne. Aber das Problem ist genau das gleiche. Und zur Distributionspolitik gehört auch das Thema “SEO”, denn Suchmaschinen sind ein Distributionskanal. Und das macht alles nicht bei “Online” oder gar “Social Media” halt. Denn “Content” vertreiben Sie über ganz viele Kanäle – bis hin zu Printprodukten und Katalogen. Im klassischen Marketing nennt man das heute “Omni-Channel”. Und genau das gilt auch für Content. Ihre Inhalte müssen für die Interessente jederzeit und möglichst über alle denkbaren Wege zugänglich sein.

Drittes P: “Price”

Und ja. Es gibt auch eine “Preispolitik”. Sie müssen überlegen, was Sie für Ihr Produkt (= Content) zurückbekommen. Bei Content ist das selten Geld (kann es aber auch sein), aber es sind Aufmerksamkeit, und/oder Traffic und/oder Leads und/oder Reputation oder auch einen “Pay with a Tweet” oder ein “Fangate” usw. usw. Die “Ertragsmöglichkeiten” von “Content” sind vielfältig. Das sind alles Fragen der Preispolitik. Und je nachdem wie der Ertrag ist, den Sie bekommen, müssen Sie dann auch den “Produktionspreis” bestimmen. Also wie viel können und dürfen Sie in Content investieren? Im klassischen Marketing ist das üblicherweise anders herum, da schauen Sie normalerweise zuerst, was Sie die Herstellung des Produktes kostet, und danach legen Sie dann den Verkaufspreis fest. Aber das ist natürlich ein Wechselspiel. Wenn Sie Ihr Produkt so teuer produzieren, dass Sie den Preis am Markt nicht erzielen kann, dann müssen Sie sich Gedanken darüber machen, wie Sie Ihre Produktionskosten reduzieren.

Viertes P: “Promotion”

Und natürlich brauchen Sie auch die “Produkt-Promotion” bzw. “die Kommunikationspolitik” beim Content-Marketing! Das klingt erst einmal widersinnig:  Content ist doch Kommunikation und wieso brauche ich dann dür die Kommunikation noch Kommunikation! Genau das ist aber die neue Medienrealität. Und der Grund ist der Markt! Der Grund ist der enorme Angebotsüberschuss! Sie müssen inzwischen ebenso wie Sie ein Produkt kommunizieren müssen auch Content kommunizieren. Es ist naiv zu glauben, dass sich z.B. Viralvideos ganz von alleine verbreiten! Sie sind so gut wie immer “geseeded”, also die Unternehmen zahlen Geld für die Verbreitung.

Wer für seinen Content keine Werbung macht, wird bald nicht mehr wahrgenommen

Mirko Lange

Sie müssen also “Werbung schalten” für den Content: Facebook Page Post Promotions, Google Adwords, SEA,  usw. usw. Bei Facebook wird demnächst für Unternehmen gar nichts mehr ohne Werbung gehen, weil Facebook die technische Reichweite der Posts immer weiter zurückschraubt. Das kann sogar so weit gehen, dass Sie Printwerbung in Fachzeitschriften für Ihren Blog machen. Kein Witz. Für unseren Kunden Thomas Krenn planen wir genau das.

Und dann gibt es noch weitere P

Bereits seit einigen Jahren werden Stimmen im klassischen Marketing laut die sagen, dass die “4 P” nicht ausreichend sind. Und es gibt viele verschiedene Vorschläge, wie man die ergänzen kann. Vor allem vor dem Hintergrund der neuen Medienwirklichkeit werden diese “neuen P” besonders für Content Marketing relevant.

  • “People”: Das ist das ganze Thema “Testimonals”, “Authentizität”, “Botschafter” usw.
  • “Participation”: Wie kann ich andere bei meinem Content mitmachen lassen. Das ist das ganze Theme “interaktiver Content”, z.B. dass ich nicht einen Artikel schreibe, sondern den Content über ein Hangout oder ein Webinar verbreite, wo Leute Fragen stellen können. Aber natürlich auch Kommentare im Blog usw. .
  • “Purpose”: Welchen “Sinn” stifte ich mit meinem Content.
  • “Processes” – Na ja, und über Prozesse müssen Sie sich natürlich auch Gedanken machen. Gerade beim (strategischen) Content Marketing. Denn Content Marketing ist ein Langstreckenlauf, kein Sprint. Sie brauchen eine Themenplanung und eine Redaktionsplanung und eine Produktionsplanung und sie müssen viele Menschen koordinieren. Dazu brauchen Sie Prozesse. Aber dazu schreibe ich mal etwas in einem anderen Blogpost.

Facebook zeigt den Weg in die Zukunft…

Auch mit Content ist es übrigens so, wie es mit Produkten ist: Je schlechter ein Produkt ist, desto mehr müssen Sie in Werbung investieren. Das steht uns auch in der Kommunikation bevor. Facebook zeigt einen Weg in die Zukunft. Facebook schraubt nicht nur deswegen die Reichweite runter, weil sie damit Geld verdienen wollen. Das hat auch noch einen ganz anderen Grund! Sie müssen das Angebot beschränken. Denn das Angebot nimmt rapide zu. Immer mehr Unternehmen posten immer mehr Informationen auf Facebook. Und da hat Facebook ein ganz simples Problem: Der ganze Content passt nicht mehr in die Timelines ihrer Nutzer!

Entweder produziert richtig guten Content oder man zahlt viel mehr, dass die Leute Ihn wahrnehmen

Mirko Lange

Aber auch hier gilt: Dank des Edge Ranks werden es Postings, die von den Usern “als wünschenswert wahrgenommen werden” auch ohne oder zumindest mit deutlich weniger Werbung in die Timelines der Nutzer schaffen. Aber wer ein schlechtes Produktmanagement hat (erstes P) wird eben mehr zahlen müssen (viertes P). Sie können sich überlegen, wo Sie mehr investieren. Ach ja, gleiches gilt übrigens auch für Google. Sie können sich überlegen, ob Sie monatlich Geld über Google Adwords ohne nachhaltige Wirkung rausblasen oder ob sie in Content investieren und dann organisch vorne auftauchen. Oder beides. Das ist wohl das Klügste. Also dann viel Spaß!

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Mirko Lange

Gründer Scompler

Mirko Lange ist seit 27 Jahren Kommunikations-Berater und seit 2001 Dozent an mehreren Hochschulen. Er hatte ab 1999 eine der ersten Beratungsunternehmen für Online-PR in Deutschland und hatte sich ab dem Jahr 2008 einen Namen als erster Spezialist für Unternehmenskommunikation im Social Web gemacht. Hier hat er in den Jahren 2010 ff. unter anderem die Deutsche Bahn („Facebook-Ticket“) und Nestlé („Kitkat“) in der Krisenkommunikation beraten, über welche die ersten „Shitstorms“ in Deutschland hinwegzogen. In der Folge hat zum Beispiel die Deutsche Bahn ihre komplette Kommunikation auf das Social Web ausgerichtet, diesen Prozess hat Lange begleitet. Aus diesem Projekt entstand die Kommunikationsmanagement-Software Scompler. Scompler hat inzwischen mehr als 300 Kunden, unter ihnen 6 DAX-Unternehmen.