CMO Content Strategie

AI und Content Strategie: Fluch und Segen für das Marketing

Von Mirko Lange, 25. Mai 2023 

In der heutigen Zeit ist es einfach, einen Artikel über AI und Content Strategie zu schreiben. Man geht auf ChatGPT und formuliert einen Prompt: „Schreibe einen Artikel über AI und Content Strategie“. Und in ein paar Sekunden hat man ihn. Das Ergebnis ist brauchbar, tendenziell besser als viele Texte, die man in so manchem Newsletter lesen kann. Und im Grunde kann man auch bei der Implementierung der Strategie gleich so weiter machen. AI macht das! Aber Moment einmal…

Wir stehen an der Schwelle zur Industrialisierung der Content-Produktion: Ja, dank AI kann jeder Content einfach, unbegrenzt und zu geringsten Kosten in brauchbarer Qualität produzieren. Was sich zunächst gut anhört, birgt nur eine Gefahr: Content wird so zu „Commodity“, zu einem weitestgehend austauschbaren Alltagsgut, das überall in guter Qualität, in unbegrenzter Menge und völlig ohne Aufwand verfügbar ist. So wie Klopapier. Technologie bietet nun zu den Klowänden auch noch das Papier. Von wem dieses Gut kommt, spielt für den Verbraucher dann keine Rolle mehr; es ist halt „nur Klopapier“. Die Frage ist da, welchen Nutzen Content noch für den Creator hat. Verkommt Content Marketing zu einer Imitation von Kommunikation, die am Ende nur noch Kanäle mit „Zeugs“ verstopft?

Die Frage nach dem „Wozu“

Trotz aller Gefahren bleibt Content unverzichtbar. Kommunikation ohne Inhalt ist wie ein Auto ohne Benzin. Wenn wir von “Content” sprechen, meinen wir in Abgrenzung zu Werbung, eine nützliche Kommunikation, die das Bedürfnis nach Wissen, Orientierung, Bestätigung oder Unterhaltung stillt. CMOs wissen, dass Content das Herzstück jeder erfolgreichen Kommunikations- und Marketingstrategie ist. Ohne Content könnten sie keinen Newsletter verschicken, keine SEO-Strategie umsetzen, keine Pressearbeit leisten und nichts auf Social Media posten. Auch in anderen Bereichen, wie der internen Kommunikation, der Unternehmenskommunikation, im Vertrieb und Support, ist Content unerlässlich.

Und deswegen hat sich der Autor dieses Textes entschlossen, den Text über „Content-Strategie“ anders zu konzipieren. Nämlich um folgende These: Bevor sich ein Unternehmen über eine Content-Strategien im engeren Sinne Gedanken macht, sollte es sich erst über eine grundlegende Frage Gedanken machen, nämlich die Frage, „wozu“ es eine Content Strategie braucht oder einsetzen will. Was ist also die Kernstrategie? Es geht um individuelle Bedeutung: Was bedeutet es wirklich für das Unternehmen, den CMO, für die Mitarbeitenden und für die Zielgruppen, wenn das Unternehmen den einen oder den anderen Ansatz wählt? Was ist der eigentliche Zweck? Erst wenn der geklärt ist, kann man sinnvoll über die Content Strategie im engeren Sinne nachdenken, wie man sie umsetzt, und auch, wie man dann Technologie inklusive AI sinnvoll einsetzen.

Wir haben sechs verschiede Kernausrichtungen identifiziert: Ad-hoc, reaktiv, taktisch, strategisch, narrativ und transformativ. Sie alle unterscheiden sich vor allem im Grad und der Komplexität der Planung und das Management. Ein Ad-hoc-Ansatz braucht quasi keine Planung. Hier geht es rein nur um Exekution und Distribution. Ein transformativer Ansatz dagegen braucht sehr viel Planung und sehr viele Management, allerdings ist er auch sehr viel leistungsfähiger.

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Auf die Mischung kommt es an

Welche dieser Kernstrategien Sie wählen, hängt von einer ganzen Reihe von Fragen ab, die Sie nur für sich beantworten können. Es gibt hier kein objektives „besser“ oder „schlechter“. Es gibt nur ein besser oder schlechter „für Sie geeignet“. Und das hängt davon ab, über welche Ressourcen Sie verfügen, vor allem auch, wie stark Ihr Team ist und insbesondere die Führungskräfte in Ihrem Team. In der Praxis dürfte Ihre Kernstrategie eine Mischung aus mehreren oder gar allen Elementen sein. Den Kern sollte eine solide taktische Vorgehensweise sein, die Sie zunehmend strategisch ausrichten. Dabei sollten Sie auch unvorhergesehene Ereignisse ein- und durchplanen, Ziel muss aber sein, das Unvorhergesehene zu reduzieren. Wenn Sie dabei auch noch Freiheiten schaffen, um zu einem guten Stück ad-hoc und impulsiv und damit auch authentisch und menschlich zu reagieren, haben Sie bereits großartiges geleistet. Sie sollten sich aber auch über die narrativen und transformativen Ansätze Gedanken machen. Vor allem der narrative Ansatz bietet viele Chancen, sich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten und emotionale Bindung herzustellen. Und mit der Transformation werden Sie sich ohnehin auseinandersetzen müssen. Kommunikation verändert sich aktuell massiv. Und Sie werden sich diesen Änderungen anpassen müssen. Wie sagt das Sprichwort? „Den Klugen führt das Schicksal, den Dummen zerrt es dort hin.“

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Und wie geht man nun mit dem Thema AI um?

Und um jetzt mal den Bogen zu dem Einstieg (und der Headline) zu spannen: Wie Sie am besten mit „AI“ umgehen, hängt vor allem davon ab, wie Sie Ihre Kernstrategie definieren. Davon hängt auch ab, ob Sie „AI“ als „Artificial Intelligence“ verstehen oder als „Augmented Intelligence“. Also ob sie „Intelligenz“ an die AI delegieren, oder ob Sie AI als Unterstützung ihrer eigenen Intelligenz sehen. Je nachdem, wie man das versteht, verändert sich auch der Einsatz von AI in ihrer Content-Strategie. Natürlich ist es eine Option, eine vollautomatische Content-Maschine aufzubauen. Wenn Sie die Märkte mit Ihrem Content fluten, werden Sie mit Sicherheit mehr Sichtbarkeit und bei guter Umsetzung auch Aufmerksamkeit ernten. Auch Commodity-Produkte können erfolgreich sein. Die Alternative ist, dass Sie auf Kreativität setzen und AI nutzen, um besser zu werden als der Wettbewerb. Frei nach dem Motto „Think better, not more“.

Wie das dann aber genau aussieht, muss dann Gegenstand eines eigenen Artikels sein. Dazu ist das Thema zu umfangreich.

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Der Autor
Mirko Lange (Gründer Scompler)

Mirko Lange ist seit 27 Jahren Kommunikations-Berater und seit 2001 Dozent an mehreren Hochschulen. Er hatte ab 1999 eine der ersten Beratungsunternehmen für Online-PR in Deutschland und hatte sich ab dem Jahr 2008 einen Namen als erster Spezialist für Unternehmenskommunikation im Social Web gemacht. Hier hat er in den Jahren 2010 ff. unter anderem die Deutsche Bahn („Facebook-Ticket“) und Nestlé („Kitkat“) in der Krisenkommunikation beraten, über welche die ersten „Shitstorms“ in Deutschland hinwegzogen. In der Folge hat zum Beispiel die Deutsche Bahn ihre komplette Kommunikation auf das Social Web ausgerichtet, diesen Prozess hat Lange begleitet. Aus diesem Projekt entstand die Kommunikationsmanagement-Software Scompler. Scompler hat inzwischen mehr als 300 Kunden, unter ihnen 6 DAX-Unternehmen.

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